Während einer Einsatzübung wurde im August 2013 ein Feuerwehrmann verletzt, er brach sich den Mittelfuß. Der Feuerwehrmann bestieg gerade den Leiterpark einer Drehleiter, als dieser eingezogen wurde und dabei sein Fuß eingeklemmt wurde.
DREHLEITER.info möchte sich auf diesem Weg bei der Feuerwehr für das zur Verfügung stellen von Infos bedanken und wünscht dem Kameraden Gute Besserung!
Hier der Abschlussbericht (kursiv), der uns auf Nachfrage freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde und anonymisiert eingestellt werden durfte.
Abschlussbericht
Einführung
Im August 2013 ereignete sich bei einer Feuerwehr in Nordrhein-Westfalen während einer Einsatzübung ein Dienstunfall, bei dem sich der Angriffstruppführer beim Besteigen der Drehleiter erhebliche Verletzungen zuzog, als der Leiterpark eingezogen wurde.Unfallhergang
Für die morgendliche Einsatzübung gab der Zugführer folgende Lage vor: „Brand in einer Wohnung im 4. OG (Objekt: Übungsturm)“ und übertrug dem Wachabteilungsleiter, Gruppenführer des HLF 1, die Übungsleitung.
Die Fahrzeuge rückten aus und nahmen Aufstellung am Übungsobjekt.
Die Einsatzaufträge lauteten:
- HLF 1: „A-Trupp zur Brandbekämpfung unter PA über die DL zum 4. OG vor!“
- DL: „Brand 4. OG; DL in Stellung bringen und zum Besteigen fertig machen!“
- HLF 2: „Revision mit PA Trupp über Treppenraum!“
Nachdem der A-Trupp sich ausgerüstet hatte, begab er sich zur bereits in Stellung gebrachten DL. Der GF DL befand sich im Rettungskorb in Höhe des 4. OG.
Die Aufstieghilfe zum Einstieg in den Leiterpark war bereits durch den MA DL in Stellung gebracht worden. Nach einem kurzen Gespräch mit dem MA DL bestieg der A-Trupp die DL. Nach dem der A-Trupp in den Leiterpark eingestiegen war, wurde der Leiterpark durch den GF DL eingezogen. Beim Einziehen der Leiter wurde ein Fuß des A-Truppführers in dem Leiterpark eingeklemmt. Der A-Truppführer zog sich hierbei einen Bruch des Mittelfusses zu.Unfallanalyse
Um die Hintergründe des Unfalls und die Ursachen zu ermitteln, ordnete die Leitung der Feuerwehr eine Unfallanalyse an. Die Aufgabe übernahm der Leiter der Ausbildungsabteilung, unterstützt von zwei DL-Ausbildern und einem Zugführer (Sicherheitsingenieur).
Ziel der Analyse war es nicht, „Schuldige“ zu finden, sondern das Unfallgeschehen systematisch zu untersuchen und Unfallursachen zu finden, um dann die bestehenden Regelungen zum Sicherheitsmanagement sowie Ausbildungsinhalte zu überprüfen und ggf. zu optimieren.
Die Unfallanalyse erfolgte nach einem von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) entwickelten „Leitfaden zur Untersuchung von Arbeitsunfällen“, der geeignet ist, tiefer liegende Ursachen zu identifizieren und die richtigen Lehren aus dem Unfall zu ziehen.
Die Arbeit wurde bereits am Tag des Unfalls aufgenommen und zog sich über mehrere Wochen.
Es wurden mit 17 Beteiligten umfassende Gespräche in Form von Interviews geführt und schriftlich dokumentiert. Weiterhin wurden auch die allgemeinen technischen Regeln (DIN-Normen, Betriebsanleitungen, UVV etc), Ausbildungsrichtlinien (FwDV, Lehrmaterial), Unfallberichte und Stellungsnahmen im Rahmen der Analyse gesichtet und mit in die Analyse einbezogen.
Zusammenfassung der Unfallursachen
Nach Abschluss der Analyse kann festgestellt werden, dass ein technischer Fehler der eingesetzten Komponenten als Unfallursache nicht vorlag.
Vielmehr wurde ermittelt, dass das Zusammentreffen mehrerer Faktoren zu dem Unfall führten:
1. Übungsvorbereitung und -durchführung
Die morgendlichen Einsatzübungen werden häufig nicht ausreichend vorbereitet. Bei der Befragung konnte festgestellt werden, dass sich bereits gewisser Trott eingeschlichen hat, der sich negativ auf die notwendige Konzentration der Übungsteilnehmer auswirkte.
2. Organisatorische Schwachstellen
Die Einsatzübung findet eine Viertelstunde nach dem Wachwechsel statt.
Krankheitsbedingt fehlten an diesem Morgen zwei Mitarbeiter, die aus der Rufbereitschaft aktivierten Kollegen hatten ihren Dienst noch nicht angetreten.
Deshalb mussten verschiedene Mitarbeiter sehr kurzfristig neue Funktionen wahrnehmen, u. a. im Angrifftrupp.
Anders als nach Standardeinsatzregel vorgegeben, war die Funktion des Angrifftruppführers nicht besetzt, so dass der AT nur aus zwei Feuerwehrleuten bestand.
3. Fehleinschätzungen
Lage und Einsatzaufträge erreichten nicht die gesamte eingesetzte Mannschaft, einige Einsatzaufträge waren auch nicht konkret genug, so dass einzelne Trupps ohne klaren Auftrag arbeiteten. Es wurde z.B. kein Auftrag über die Art und Weise der Wasserversorgung und die Vornahme von Rohren gegeben, was zu Irritationen zwischen den Besatzungen der DL und des HLF 1 führte.
Die Trupps haben dann untereinander entschieden, dass die Wasserversorgung bis zum Korb nur fiktiv vorgenommen wird.
Vor dem Einziehen des Leiterparks wurde nicht kontrolliert, ob der Leiterpark frei ist, denn der GF DL ging davon aus, dass die Trockensteigleitung in Betrieb genommen werden soll, nachdem die Versorgungsleitung (B-Schlauch, Verteiler, Druckbegrenzungsventil) durch den WT aufgebaut worden war.
Der Einstieg in den Leiterpark erfolgte ohne Freigabe und Prüfung, ob die Sicherheitsregeln erfüllt sind (Besetzung Bedienstand DL, Motor aus).
Lehren aus dem Unfall
Die morgendliche Einsatzübung hat sich grundsätzlich als sinnvoll erwiesen.
Die erkannten Mängel an der Vorbereitung und Organisation der Übungen werden abgestellt.
- Es finden vorbereitete Übungen statt, die Funktionen sind gemäß Standardeinsatzregel besetzt und alle Beteiligten kennen Lage, Übungsbefehl und Übungsziele.
- Der Übungsleiter muss die Einhaltung der Regeln und Vorschriften während der gesamten Übung kontrollieren.
- Es findet grundsätzlich eine Übungsnachbesprechung mit allen Teilnehmern statt.
- Weitere Maßnahmen werden u. a. sein:
– Einführung einer regelmäßigen Fortbildung für die DL-Besatzungen,
– Aufnahme der Regeln zum DL-Besteigen in die jährliche UVV-Unterweisung.
Abschließend kann festgestellt werden, dass durch die Art der Aufarbeitung des Unfalls mit Einbindung aller Beteiligten bereits viele Vorgaben in Bezug auf „Besteigen einer Drehleiter“ wieder in den Köpfen präsent ist.